Als Luisa Neubauer beimOMR Festival 2023 auf der 'Conference Stage' über Klimaschutz und Greenwashing referierte und sich dabei getraut hat die Sponsoren dieser Konferenz direkt anzugreifen, haben wir uns entscheiden diese Marketing- und Technologie-Konferenz im speziellen aber auch die Eventbranche generell hinsichtlich Nachhaltigkeit zu überprüfen.
Die Eventbranche ist ein dynamischer Sektor, der jedes Jahr Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringt. Von Messen und Networking-Veranstaltungen bis hin zu Konferenzen bieten diese Events einzigartige Erlebnisse und fördern den kulturellen Austausch. Doch wie jede Industrie hat auch die Eventbranche Auswirkungen auf die Umwelt - durch Energieverbrauch, Abfallproduktion und CO2-Emissionen.
Die Eventbranche ist bekannt für ihre atemberaubenden Veranstaltungen, die Menschen aus aller Welt zusammenbringen. Doch unter der glänzenden Oberfläche dieser spektakulären Messen, Networking-Veranstaltungen und Konferenzen verbirgt sich oft eine weniger glamouröse Wahrheit - der hohe Umweltverbrauch und die damit verbundenen ökologischen Auswirkungen.
Ein Event, das versucht, eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit zu übernehmen, ist die Online Marketing Rockstars (OMR) Konferenz. Doch wie erfolgreich sind diese Bemühungen wirklich?
Die OMR Konferenz, eines der größten Events im digitalen Marketing, hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Mit jährlich über 70.000 Teilnehmenden aus aller Welt hat die OMR erkannt, dass sie eine Schlüsselrolle bei der Förderung nachhaltiger Praktiken spielen kann und konkrete Maßnahmen eingeführt, darunter den Einsatz erneuerbarer Energien, Abfallmanagementprogramme, nachhaltige Catering-Optionen und die Förderung von Nachhaltigkeitsbildung. Diese Bemühungen sind lobenswert, doch bei genauerer Betrachtung stellt sich die Frage, ob sie ausreichen.
Die OMR Konferenz hat 2019 behauptet, CO2-neutral zu sein, indem sie in nachhaltige Projekte investiert hat, sogenanntes CO2 Offsetting. Die Realität ist jedoch, dass viele der CO2-Kompensationen, die auf dem Markt verfügbar sind, problematisch sein können und zahlreiche Anbieter von CO2 Zertifikaten schlichtweg betrügen. Zudem besteht das Risiko, dass solche Maßnahmen dazu führen, dass Unternehmen ihre Emissionen nicht wirklich reduzieren, sondern lediglich ausgleichen.
Während der Corona-Pause haben sich die Veranstalter entschieden, anstelle von Kompensationszahlungen sich zukünftig darauf zu fokussieren, die durch die Veranstaltung hervorgerufenen Emissionen zu reduzieren und sich dabei jährlich zu verbessern. Die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen hat sich bei der OMR 2022 schätzungsweise auf 14'005 Tonnen CO2 belaufen. Es gibt zahlreiche CSR Tools, um die Umweltauswirkungen eines Unternehmens oder einer Veranstaltung zu berechnen.
Quelle: OMR 2022 Klimabilanz
Mobilität (z.B. An- und Abreise; Übernachtung) macht mit fast 46% einen Löwenanteil aller CO2 Emissionen der OMR aus, gefolgt von der Logistik der Aussteller mit über 30%. Lasst uns diese Elemente genauer betrachten.
A. Teilnehmertransport
Ein großer Teil der CO2-Emissionen einer Veranstaltung stammt aus der An- und Abreise der Teilnehmer. Bei einer internationalen Konferenz wie der OMR ist dies besonders problematisch, da viele Teilnehmer weite Strecken zurücklegen müssen, oft mit dem Flugzeug (14% der Besucher:innen) oder dem Auto (11%). Die OMR bietet zwar in Kollaboration mit der deutschen Bahn die Möglichkeit ein Bahn-Ticket zu einem vergünstigten Fixpreis von € 51,90 zu beziehen, dennoch ist der Fußabdruck deutlich zu hoch! Folgende Maßnahmen könnten helfen den CO2 Fußabdruck zu reduzieren:
Quelle: OMR 2022 Klimabilanz
B. Logistik vor Ort
Auch die Mobilität vor Ort ist ein wichtiger Faktor. Bei Großveranstaltungen wie der OMR werden oft Shuttle-Services angeboten. Hier könnte die OMR über den Einsatz von Elektrobussen oder sogar Fahrrad-Shuttle-Diensten nachdenken. Zudem könnte eine noch bessere Kommunikation und Koordination mit öffentlichen Verkehrsbetrieben helfen, die Nutzung von Bus und Bahn durch die Teilnehmer zu fördern.
C. Lieferketten und Materialtransport
Nicht nur die Teilnehmer:innen, sondern auch die Materialien für die Konferenz müssen transportiert werden. Hier stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Lieferketten der OMR sind. Wo kommen die Materialien her, wie werden sie transportiert und wie werden sie nach der Veranstaltung entsorgt oder wiederverwendet? Eine transparente Offenlegung und Optimierung der Lieferketten könnten helfen, die Umweltauswirkungen zu reduzieren.
Insgesamt zeigt sich, dass Mobilität und Logistik der wichtigste Aspekt der Nachhaltigkeit bei Veranstaltungen sind. Die OMR Konferenz und andere Events sollten diesen Bereich nicht vernachlässigen, wenn sie wirklich nachhaltig sein wollen. Es sind kreative und umfassende Lösungen erforderlich, die nicht nur die Symptome, sondern die Ursachen der Umweltauswirkungen von Mobilität und Logistik angehen.
Die OMR Konferenz hat Abfallmanagementprogramme eingeführt und ermutigt die Teilnehmer, eigene Trinkflaschen und Becher mitzubringen bzw. bietet Mehrweggeschirr und -becher an. Zusätzlich arbeiten die Event-Veranstalter mit eine Partner am Upcycling von Abfällen wie PVC-Planen und übrige Speisen werden u.a. an die Tafel weitergegeben.
Doch obwohl diese Bemühungen wichtig sind, gehen sie nicht weit genug. Die Menge an Abfall, die bei Großveranstaltungen entsteht, ist immens und erfordert radikalere Lösungen. Es wäre interessant zu sehen, ob die OMR Konferenz in Zukunft innovative Ansätze wie Zero-Waste-Events oder noch konsequentere Kreislaufwirtschaftskonzepte umsetzt. Ideen hierfür könnten folgende sein:
Die Eventplaner der OMR haben das Angebot an veganen Essens- und Getränkeoptionen weiter ausgebaut und rechnen nach 25% in 2022, dass bereits ca. 50% vegane Speisen und Getränke verzehrt wurden.
Die Bereitstellung von nachhaltigen Catering-Optionen ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wären folgende Schritte ebenso wünschenswert:
Die OMR Konferenz nutzt ihre Plattform, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu fördern. Hierzu gab es in 2023 einen Masterclass Track zum Thema Nachhaltigkeit und es wurde die Entscheidung getroffen, Redner:innen nicht eine separate "Green Stage" zu geben, sondern stattdessen auf allen Bühnen zu Wort kommen zu lassen, wie auch der Vortrag von Luisa Neubauer von Fridays for Future. Neben Nachhaltigkeit wird bei der OMR auch weiteren gesellschaftlich relevanten Themen wie Gleichberechtigung, Inklusivität und gerechte Arbeitswelt eine Bühne gegeben und in Workshops behandelt. Weitere Ideen um nachhaltiges Bildungsbewusstsein zu stärken:
Insgesamt sind die Bemühungen der OMR Konferenz um Nachhaltigkeit zu begrüßen, doch es besteht noch viel Potenzial für Verbesserungen. Nachhaltigkeit in der Eventplanung und -organisation erfordert mehr als nur ein paar grüne Initiativen - sie erfordert eine grundsätzliche Veränderung der Geschäftsmodelle und Praktiken.
Die Herausforderung für die OMR Konferenz und andere Events besteht darin, nicht nur oberflächliche Änderungen vorzunehmen, sondern sich auf tiefgreifende, systematische Verbesserungen zu konzentrieren. Dies könnte bedeuten...
Darüber hinaus ist Transparenz entscheidend. Diese Transparenz kann über einen öffentlichen und auditierten Nachhaltigkeitsbericht geschaffen werden. Es müssen ohnehin zahlreiche Unternehmen inkl. vielen Mittelständlern aufgrund der CSRD in den kommenden Jahren Nachhaltigkeitsberichte nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlichen. Die OMR Konferenz und andere Veranstaltungen sollten offen und ehrlich über ihre Nachhaltigkeitsbemühungen berichten, sowohl über die Erfolge als auch über die Herausforderungen. Nur so können die Teilnehmer, Aussteller und Sponsoren informierte Entscheidungen treffen und die Eventbranche insgesamt zur Rechenschaft ziehen.
Wenn die OMR sich von einem primär physischen Event zu einer Online Veranstaltung entwickeln würde, könnten massive CO2 Einsparungen erzielt werden. Die genaue Menge an CO2-Emissionen, die durch einen Livestream für 70.000 Personen über zwei Tage verursacht wird, ist schwierig zu berechnen, da sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Dazu gehören die genaue Art der verwendeten Technologie, die Dauer und Qualität des Streams, die Art der genutzten Endgeräte der Zuschauer und die Art der Energie, die zur Stromerzeugung verwendet wird.
Ein grober Weg, um die CO2-Emissionen zu schätzen, wäre die Verwendung von Durchschnittswerten für den Stromverbrauch von Internetaktivitäten. Eine Studie des französischen Thinktanks The Shift Project aus dem Jahr 2019 schätzt, dass eine Stunde Videostreaming etwa 6-12 kWh Strom verbraucht. Wenn wir von der niedrigeren Schätzung ausgehen und annehmen, dass jede Person 8 Stunden pro Tag streamt, würde ein zweitägiger Livestream für 70.000 Personen etwa 6,72 Millionen kWh Strom verbrauchen.
Die Menge an CO2, die durch Stromerzeugung freigesetzt wird, variiert je nach Energiequelle. Laut dem Global Carbon Atlas betrug der weltweite Durchschnitt im Jahr 2019 etwa 0,475 kg CO2 pro kWh. Unter dieser Annahme würde ein zweitägiger Livestream für 70.000 Personen also etwa 3,19 Millionen kg oder 3.190 Tonnen CO2 verursachen.
Dies ergibt ein Einsparungspotenzial, wenn man die OMR als digitale Veranstaltung über eine Online Event App wie Veertly durchführt von circa 10'070 Tonnen CO2.
Hinweis: Dies ist jedoch eine sehr grobe Schätzung und die tatsächlichen Emissionen können je nach den genannten Faktoren stark variieren. Darüber hinaus sind die Emissionen eines Livestreams im Vergleich zu den Emissionen einer physischen Konferenz, bei der Tausende von Personen reisen müssen, wahrscheinlich immer noch deutlich niedriger.
Zudem sind die Zahlen des Shift Projects umstritten und werden von verschiedenen Seiten als zu hoch eingeschätzt bezeichnet. Ein genauerer Wert könnte nur durch eine detaillierte Analyse der spezifischen Technologien und Praktiken ermittelt werden, die in einem bestimmten Livestream verwendet werden.
Die OMR Konferenz ist auf dem Weg, aber sie ist noch nicht am Ziel. Um wirklich als nachhaltiges Event zu gelten, braucht es konstante Anstrengungen, Kreativität und den Willen, immer wieder kritisch auf die eigenen Praktiken zu schauen und sie zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass die OMR Konferenz diese Herausforderung annimmt und ein Beispiel für echte, tiefgreifende Nachhaltigkeit in der Eventbranche setzt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Nachhaltigkeit ein entscheidendes Thema ist, das in der Planung und Durchführung von Veranstaltungen wie der OMR Konferenz berücksichtigt werden muss. Es besteht kein Zweifel, dass die Digitalisierung von Veranstaltungen durch Plattform wie Veertly einen großen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft für solche Großveranstaltungen darstellt.
Natürlich ist es wichtig zu betonen, dass die virtuelle Umgebung nicht in der Lage ist, alle Aspekte einer physischen Konferenz zu replizieren. Der persönliche Austausch und die Gelegenheit, in einer belebten Messehalle neue Produkte und Dienstleistungen zu entdecken, sind wertvolle Erfahrungen. Doch in einer Zeit, in der die Klimakrise immer dringender wird, müssen wir innovativ sein und neue Wege finden, um diese Erfahrungen nachhaltiger zu gestalten.
Zum Schluss sei gesagt, dass die Frage der Nachhaltigkeit der OMR Konferenz in Hamburg nicht nur auf die Organisatoren, sondern auf uns alle zurückfällt. Als Teilnehmer, als Sponsoren und als Mitglieder der Marketing-Community haben wir die Macht, Veränderungen herbeizuführen. Indem wir uns für Online-Veranstaltungen und nachhaltigere Praktiken einsetzen, können wir dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck unserer Branche zu verringern und eine nachhaltigere Zukunft für uns alle zu schaffen.
Mit Plattformen wie Veertly, die es uns ermöglichen, auf nachhaltige und inklusive Weise zu interagieren und zu lernen, ist der Weg zu einer grüneren OMR Konferenz und letztlich zu einer grüneren Veranstaltungsbranche in greifbarer Nähe. Es ist an der Zeit, dass wir die Möglichkeiten, die uns die Technologie bietet, voll ausschöpfen und die Nachhaltigkeit zu einer Priorität in all unseren Aktivitäten machen. Denn letztendlich sind wir alle Rockstars, wenn es darum geht, unseren Planeten zu schützen.
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